IDEA e.V. Evangelische Nachrichtenagentur Pressedienst vom 05. Februar 2024 Nr. 025
Gegner der Frauenordination formieren sich und haben die „Initiative pro Grundordnung“ gegründet
Hannover (IDEA) – Die Debatte um eine Einführung der Frauenordination in der Selbständigen
Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK/Hannover) nimmt an Fahrt auf. Die Mitglieder der Initiative Frauenordination (INFO) setzen sich bereits seit langem für eine entsprechende Änderung der Grundordnung der lutherischen Bekenntniskirche ein. Momentan sind in der SELK Frauen zwar für das Amt der Pastoralreferentin und das der Diakonin, aber nicht zum Pfarramt zugelassen. Im Juni 2023 hatte sich die Synode der SELK zuletzt mit dem Thema befasst und eine Kommission eingesetzt, die prüfen soll, ob es Sonderregelungen für einzelne Gemeinden oder Pfarrbezirke geben könne, wenn sie sich für die Frauenordination aussprechen sollten. Der größere Teil der Pfarrer-schaft sieht in einer solchen Änderung jedoch einen Widerspruch zum Bekenntnisstand der Kirche. Im September 2023 hat sich darum die „Initiative pro Grundordnung“ (InGo) gegründet und im Januar in Hannover ihre erste Veranstaltung durchgeführt. Auf ihrer Internetseite begründet sie ihr Anliegen und beklagt, dass man sich „mit einem stark individualistischen Zeitgeist konfrontiert“ sehe, „der die guten Ordnungen missachtet, die der Schöpfer eingerichtet hat, um unser Leben zu ermöglichen“. Dieser Zeitgeist äußere sich besonders in der Ablehnung der von der Heiligen Schrift bezeugten und durch Vernunfterkenntnisse bestätigten Polarität der Geschlechter von Mann und Frau bzw. der Gender-Ideologie sowie in der Auflösung der natürlichen Ordnung von Ehe und Familie. „Leider droht er auch in unsere Kirche einzudringen.“ Die Forderung, auch in der SELK Frauen zum Pfarramt zu ordinieren, „die weder mit der Heiligen Schrift und der apostolischen Tradition noch mit der Grundordnung der SELK vereinbar“ sei, komme diesem Zeitgeist entgegen und drohe zum Einfallstor für weitere entsprechende Forderungen zu werden.
„Wir haben uns lange zurückgehalten“
Einer der Initiatoren ist Pfarrdiakon Detlef Löhde (Laatzen bei Hannover). Gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur IDEA erklärte er, dass sich die Gegner der Frauenordination lange Zeit eher ruhig verhalten hätten, um die Einheit der Kirche nicht zu gefährden. Das könne man von den Befürwortern jedoch nicht behaupten. „Sie sind sehr laut und aggressiv. Besonders stört uns, dass sie vor allem mit gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklungen argumentieren und nicht mit der Heiligen Schrift.“ Wie die Kräfteverhältnisse momentan aussehen, könne er nur schwer einschätzen. „Fakt ist, dass zur Änderung der kirchlichen Grundordnung sowohl eine Zwei-drittelmehrheit im Allgemeinen Pfarrkonvent als auch in der Synode notwendig wäre. Davon sind wir in jedem Fall weit entfernt.“ Auf Antrag der Befürworter der Frauenordination habe die Synode allerdings beschlossen, dass die Gemeinden ein Votum zur Frage abgeben sollen. „Ein solches Votum hat aber rechtlich überhaupt keine Auswirkungen.“ Doch die dahinterstehende Absicht sei klar: „Wenn herauskommen sollte, dass mehr als 50 Prozent der Gemeinden für eine Änderung der Grundordnung votieren würden, wäre das ein starkes Signal für die Befürworter.“ „Es ist noch nicht ausgemacht, wer sich durchsetzen wird“ Es sei momentan unklar, wer sich langfristig durchsetzen werde, auch wenn die Befürworter der Frauenordination der Ansicht seien, dass die Zeit für sie arbeite. „Gerade unter den jüngeren Theologiestudenten und Pfarrern gibt es viele, die sie aus theologischen Gründen ablehnen.“ Zudem gibt es auch weibliche Unterstützer der neugegründeten Initiative. So gehörten zu ihrem Leitungskreis nicht nur Löhde und ein Synodaler, sondern auch eine Juristin und eine Heilpädagogin. Momentan bestehe zudem ein Unterstützerkreis von über 90 Personen. „Wir wissen jedoch auch von weiteren Sympathisanten im Hintergrund.“ Leider sei das konservative Lager bisher in dieser Frage unentschlossen gewesen. „Die einen sagen, lasst es uns endlich entscheiden. Die anderen, lasst uns weiter ringen. Das Problem besteht aus meiner Sicht darin, dass dadurch der Eindruck entsteht, als ob da zwei gleichberechtigte Lehren nebeneinander existieren, was nicht der Fall ist.“ Der frühere Bischof der SELK, Jobst Schöne (1931–2021), hatte bereits 1994 in einem Hirtenbrief deutlich erklärt, dass die Kirche keine Vollmacht habe, das Amt des „Hirten der Gemeinde“ auf Frauen zu übertragen. „Das hat die Unentschlossenen beeindruckt und dafür gesorgt, dass das Thema lange Zeit nur im Hintergrund behandelt wurde.“Auch der amtierende Bischof der SELK, Hans-Jörg Voigt (Hannover), hatte die geltende Rechtslage in der Vergangenheit bekräftigt, jedoch zugleich für die Einheit der Kirche geworben. „Die Gefahr einer Spaltung ist real“ Die Frage habe durchaus das Potenzial, eine Spaltung der Kirche herbeizuführen, so Löhde weiter. Die Befürworter wollten nun möglichst bald eine Entscheidung in ihrem Sinne erzwingen. Inzwischen werde die Debatte nicht nur in den Entscheidungsgremien der Kirche, sondern auch in den einzelnen Gemeinden geführt, was die SELK in gewisser Weise lähme.
Löhde: „Die Energie, die wir für diese Auseinandersetzung aufwenden müssen, sollten wir eigentlich in missionarische Initiativen stecken.“ Zum Hintergrund: Die Frauenordination wird von vielen weiteren lutherischen Kirchen abgelehnt. Auch in der
römisch-katholischen Kirche und den orthodoxen Kirchen ist das Priesteramt Männern vorbehalten. Löhde befürchtet deshalb auch einen Ausschluss seiner Kirche aus dem Internationalen Lutherischen Rat (International Lutheran Council/ILC), in dem sich weltweit lutherische Bekenntniskirchen zusammengeschlossen haben, falls die Frauenordination eingeführt werden sollte. Die SELK hat rund 32.000 Mitglieder in 174 Gemeinden.
Die Meldung des o.a. IDEA-Artikels wurde auch inhaltlich aufgenommen und eigenständig kommentiert von den röm.-kath. Agenturen Domradio und der Katholischen Presseagentur Österreich.